Was ist elektromagnetische Verträglichkeit bzw. elektromagnetische Empfindlichkeit

Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV), meist als EMC (electromagnetic compatibility) abgekürzt, ist die Fähigkeit von elektronischen Geräten und Systemen, zuverlässig in ihrer vorgesehenen elektromagnetischen Umgebung zu funktionieren, ohne dabei unangemessene elektromagnetische Störungen zu verursachen oder zu erfahren. Elektromagnetische Empfindlichkeit oder EMS (electromagnetic susceptibility), ist ein wesentlicher Aspekt der elektromagnetischen Verträglichkeit. Sie bezieht sich auf das Ausmaß, in dem ein Gerät, ein System oder ein Material von externen elektromagnetischen Feldern beeinflusst oder beeinträchtigt werden kann. Die elektromagnetische Empfindlichkeit gibt also an, wie empfindlich ein bestimmtes Objekt auf elektromagnetische Störungen (EMI – electromagnetic interference) reagiert. Elektromagnetische Störungen können aus verschiedenen Quellen stammen, wie zum Beispiel aus Funkfrequenzsignalen, aus elektronischen Geräten, Stromleitungen und anderen Quellen elektromagnetischer Strahlung.

EMS ist ein entscheidender Aspekt bei der Gestaltung und Prüfung von elektronischen Systemen, insbesondere in Anwendungen, in denen eine zuverlässige Funktionsweise unentbehrlich ist. Ingenieure verwenden verschiedene Techniken und Strategien, um die EMV von Geräten zu verbessern und sicherzustellen, dass sie in Umgebungen mit elektromagnetischen Störungen effektiv arbeiten können.

Tests für EMS beinhalten das Aussetzen des Geräts oder des Systems, das die elektromagnetischen Felder kontrolliert, um dessen Leistung unter solchen Bedingungen zu bewerten. Normen und Vorschriften können die Niveaus der elektromagnetischen Empfindlichkeit vorschreiben, die Geräte aushalten müssen, um eine ordnungsgemäße Funktionalität und Sicherheit zu gewährleisten.

Elektromagnetische Empfindlichkeit von Autokabeln: Untersuchung mit CST Studio Suite

In diesem Artikel wird die elektromagnetische Empfindlichkeit von Kabeln betrachtet, die in einem Auto vom Akku zu einem elektrischen Gerät verlegt sind. Als Störquelle dient elektromagnetische Strahlung an der Antenne des Autos. Darüber hinaus werden Lösungen zur Verbesserung der elektromagnetischen Empfindlichkeit mittels einer 3D-elektromagnetischen Simulation der im Auto verlegten Kabel gezeigt.

Modellaufbau

Abbildung 1 zeigt einen Jeep, der eine Antenne als Strahlungsquelle im FM-Rundfunkband hat.

Modell eines Jeeps mit Antenne auf dem Dach

Abbildung 1: Das Modell eines Jeeps mit Antenne auf dem Dach

 

Das Chassis des Autos ist als perfekter Leiter modelliert, das Fenstermaterial ist aus Glas (Pyrex) und die Reifen bestehen aus Gummi. Alle Materialien wurden aus der Materialbibliothek der CST Studio Suite importiert. Es gibt eine Antenne auf dem Dach des Jeeps, die im FM-Rundfunkband strahlt. In Europa, Afrika, Australien und Neuseeland erstreckt sich die FM-Frequenz von 87,5 bis 108 MHz. Das elektromagnetische Feld der Antenne ist eine Quelle für elektromagnetischen Störungen für das Kabelbündel. Es verläuft vom Akku im Motorraum zu einem elektronischen Gerät, wie dem Scheibenwischermotor, im hinteren Teil des Autos in der Nähe der Heckscheiben. Das Kabelbündel ist in Abbildung 2 blau dargestellt.

Jeep-Modell mit Kabelverlegung

Abbildung 2: Das Jeep-Modell mit der Kabelverlegung

 

Um eine Analyse der elektromagnetischen Empfindlichkeit durchzuführen, befinden sich im Bündel drei Drähte mit verschiedener Ummantelung und Verbindungen. Wie der Querschnitt des Bündels im Abbildung 3 zeigt, handelt es sich beim ersten Draht um einen ungeschirmten Draht. Er besteht nur aus einem roten Innenleiter und einem grünen Dielektrikum als Isolierung des Drahts. Der zweite Draht hat zusätzlich eine blaue Kupferschirmung. Der geschirmte Draht hat ebenfalls eine grüne Isolierung als Mantel. Der Schirm dieses Drahts ist über einen 30Ω Widerstand mit dem Chassis des Autos verbunden, weshalb die Abschirmung nicht optimal abgeschlossen ist. Der dritte Draht ist geometrisch genau gleich wie der zweite Draht. Der einzige Unterschied liegt in der Schirmungsverbindung. Sein Schirm ist direkt mit dem Chassis verbunden, und es gibt keinen Widerstand zwischen der Abschirmung und der Erde des Systems.

Querschnitt eines Kabelbündels mit drei Drähten

Abbildung 3: Der Querschnitt des Kabelbündels mit drei Drähten, das vom Akku zum Gerät verlegt wurde.

 

Aufbau der Simulation

Ein interessantes und leistungsstarkes Merkmal von CST Studio Suite ist die Schematic-View, die die Möglichkeit einer Schaltkreisanalyse in Verbindung mit der 3D-Simulation bietet. Wie die Schematic-View in Abbildung 4 zeigt, ist die Antenne mit einem externen Anschluss verbunden, der die Antenne mit einem Gauß-Signal anregt. Dieses Signal deckt das gesamte gewünschte Frequenzband der Simulation ab. Hier erstreckt sich die Simulation von 50 MHz bis 150 MHz. Wie zuvor erwähnt, ist der Schirm eines der Drähte mit einem 30Ω Widerstand abgeschlossen, und der andere ist direkt mit dem Chassis verbunden. Drei Sonden, P_Ungeschirmt, P_geschirmtmitResist und P_geschirmtId, sind in diesem Bild zu sehen, die für ungeschirmte, nicht optimal geschirmte und ideal geschirmte Drähte stehen.

schematisches Jeep Modell mit Antennenanschluss und Drahtabschlüssen

Abbildung 4: Das schematische Modell mit dem Antennenanschluss und den Drahtabschlüssen

 

Ergebnisse der 3D-Simulation

Zunächst wird eine 3D-Simulation durchgeführt. Die S-Parameter des Antennenanschlusses und elektromagnetische Felder werden berechnet. Die in Abbildung 5 gezeigten S-Parameter demonstrieren  die Strahlung der Antenne bei ungefähr 102,5 MHz.

S-Parameter einer Antenne

Abbildung 5: S-Parameter der Antenne

 

Abbildungen 6 und 7 zeigen den Oberflächenstrom auf dem Jeep-Chassis bei 102,5 MHz und 70 MHz. Da die Antenne bei etwa 102 MHz strahlt, ist 70 MHz eine willkürliche Frequenz, bei der keine Resonanz auftritt und es sich nicht um eine der Harmonischen Antenne handelt. Aus diesen beiden Bildern des Oberflächenstroms ist deutlich zu erkennen, dass die Antennenstrahlung bei 102,5 MHz stärker ist.

 

Oberflächenstrom auf Fahrzeugchassis

Abbildung 6: Oberflächenstrom auf dem Fahrzeugchassis bei 102,5 MHz

 

Abbildung 7: Oberflächenstrom auf dem Fahrzeugchassis bei 70 MHz

 

Ergebnisse der elektromagnetischen Empfindlichkeit

Im Anschluss an die 3D- Simulation kann mithilfe der schematischen Benutzeroberfläche eine Schaltkreisanalyse durchgeführt werden. Die Ergebnisse sind in Abbildung 8 dargestellt. Diese zeigt die Spannungen in den Drähten über dem Frequenzbereich.

induzierte Spannung auf drei verschiedenen Drähten

Abbildung 8: induzierte Spannung auf drei verschiedenen Drähten im Kabelbündel

 

Die Kurven in Abbildung 8 zeigen, dass die induzierte Spannung durch die Verwendung eines Kupferschirms reduziert wird. Jedoch besteht ein höheres Potenzial für elektromagnetischen Schutz, wenn der Schirm idealerweise mit einer optimalen Verbindung zum Fahrzeugchassis abgeschlossen wird.

Nach unserer Erfahrung…

Die elektromagnetische Verträglichkeit konzentriert sich auf den Schutz elektronischer Systeme mithilfe verschiedener Methoden, um eine sichere Funktion elektronischer Geräte zu gewährleisten. Die Entwicklung eines Systems, das alle gewünschten Merkmale aufweist und den erforderlichen EMC-Standards entspricht, erfordert erheblichen Aufwand. Der Entwicklungsprozess beinhaltet zahlreiche Runden von Labormessungen und die Einrichtung verschiedener Messaufbauten, was erhebliche Zeit in Anspruch nimmt, und beträchtliche finanzielle Kosten verursacht. CST Studio Suite bietet eine hervorragende Möglichkeit, sowohl Zeit als auch Kosten bei der Entwicklung eines tragfähigen Systems zu optimieren. In diesem Artikel wurden Simulationen mithilfe der CST Studio Suite durchgeführt. Dabei wurden das elektromagnetische Feld und die Oberflächenströme auf der Oberfläche des Jeeps berechnet. Dies geschah durch eine 3D-Simulation in Verbindung mit einer schematischen Ansicht, die die Simulation des Schaltungssystems durchführte. Die Ergebnisse der Simulationen zeigen, dass die elektromagnetische Strahlung der Autoantenne die Funktion der an Kabeln angeschlossenen Geräte im Auto beeinträchtigen kann. Allerdings kann eine konstruierte Abschirmung mit optimaler Erdung die EMC-Probleme reduzieren.

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